Jeder Griff in das Bienenvolk rührt an seiner harmonischen Lebenseinheit
Ein Amazonenstaat ist das Bienenvolk, zur Zeit nur bestehend aus tausenden Arbeiterinnen und der Königin, alle weiblichen Geschlechts. Ihnen gesellen sich ab Mai die Träger des männlichen Elements, die Drohnen, hinzu. Abschnittsweise verläuft die Entwicklung des Volkes: Erwachen zu neuen Tun, Brüten, Bauen, Honigtragen, Drängen zum Schwarm. All diesen Lebensäußerungen hat sich die Arbeit des Imkers anzupassen; nicht plan- und sinnlos, sondern immer geleitet von dem Streben; die Volksharmonie möglichst zu schonen. Auch schon im März.
Der Bruteinschlag stellt Ansprüche an die Futtervorräte oder erfordert Herbeiholen neuer Nahrungsstoffe. Deshalb ist an einem warmen Tag eine Durchsicht der hinteren Waben auf Futter angebracht. 2 – 2,5 kg werden im März allein gebraucht, 3 – 4 kg im April. Eine Männerfaust deckt ungefähr 1/2kg Futter (beiderseitig). Bei Mangel gibt man angewärmte, aufgerissene Reservewaben oder Zuckertafeln oder mit dicken Zuckersaft gefüllte Waben in die Nähe des Sitzes. Fehlt der Pollen, dann stockt trotz sonstigen Nahrungsüberschusses das Brutgeschäft. Krokus, Schneeglöckchen, Kornelkirsche, vor allem die Saalweide erweisen jetzt unschätzbaren Wert. Daher, Imker, immer wieder sei´s gesagt: Pflanzt Frühjahrspollenspender! Brutfutter beansprucht Wasser, das in kleinen Dosen im Stock gereicht werden kann und bei ungünstigen Wetter hunderten von Sammlerinnen das Leben erhält, oder das an der nahen Tränke windgeschützt geholt bequem zu erreichen ist.
Von Reizfütterung ist im März entschieden abzuraten, wenn es sich nicht um eine Gegend mit Massentracht aus Süßkirschen handelt. Im April ist allerwärts bei beständigerem Wetter noch völlig Zeit dazu. Ausgesprochene Frühbrüter enttäuschen später durch Schwärmen oder durch massenhaften Verlust von Flugbienen.
In den Völkern selbst hat der Imker noch nichts zu suchen. Jetzt kann die Bodenpappe gezogen und durchgesehen werden. Arbeiternymphen zeigen Weiselrichtigkeit, Drohnennymphen Weisellosigkeit an, heruntergeschrotete Kristalle machen eine kurze Nachprüfung des verdeckelten Futters nötig, ob es flüssig oder trocken ist. Im letzteren Falle erhält das Volk ½ Liter dünnes Honig- oder Zuckerwasser. Das Bodenbrett wird lautlos mit der Krücke gereinigt, verschimmelte Waben werden entnommen. An einem Warmen Tage kann man feuchte Türen und Rissen trocknen lassen.
Ruhrkranke Völker hängt man an solchen Tagen heraus, reinigt die Beute rasch oder vertauscht sie mit einer sauberen und gibt dem Volke ½ Liter dünnes Zuckerwasser. Das veranlasst zum Fliegen und Darmentleeren. Weisellose Völker, die durch Unruhe am Flugloch und an der Stirnwand, sowie ebenfalls durch Kleckerei kenntk´lich machen, werden Herausgenommen, auf Brut untersucht und im ungünstigen Falle einem Weiselrichtigen angehängt, und zwar hinter oder über einem Papierbogen. Nach einer Stunde reicht man warmes, nach Melisse oder Thymian duftendes Futter. Die Ankömmlinge ziehen sich zur Königin vor, am nächsten Tage entnimmt man die Papierreste und die überflüssig gewordenen Waben. Hat man ein Reservevolk, so hängt man es in die Beute des Weisellosen vorn, den Weisellosen hinter das Papier dahinter.
Das sind Noteingriffe, sonst ist jedes Eindringen in die Völker zu unterlassen. Leicht erschrickt die Königin, läuft aufgeregt umher, wird eingeknäult und erstickt. Das wird auch zur Jetztzeit leicht verschuldet durch Rauchgaben. Am Flugloch sieht man die Weiselrichtigkeit an den dicken Höschen. Mehr interessiert jetzt nicht. Wer es noch nicht getan hat, entnimmt jetzt alle unbelagerten Waben bis auf eine am Bienensitz, engt also zwecks Warmhaltung ein und verpackt aufs sorgfältigste.
Da im April der Baubetrieb erwacht, werden jetzt Mittelwände gegossen oder versorgt. Lösemittel sind: Honigwasser, Kartoffelwasser, Abkochung von Quillajarinde (Seifenspänen), Molken.
Für Aufzeichnungen wird dieser Kalender und die Stockkarte (der Reichsfachgruppe) hergerichtet. Bei den wiederkehrenden Schneeschauern legt man mehrere Streifen von Dachpappe vor den Bienenstand. Dort taut alles rasch weg, und verklammte Bienen erholen sich rasch.
Quelle: Leipziger Bienenzeitung 1942